Page 958 - WS Befestigungstechnik
P. 958

Sichern von Schraubverbindungen
           zur Übersicht

       Verliersicherungen
       Verliersicherungen verhindern keinen gravierenden Vorspannungsverlust, jedoch das
       vollständige Auseinanderfallen der Verbindung. In der Regel bleiben etwa 20 % der    19
                                                                                18
       Vorspannkraft erhalten. Das Funktionsprinzip beruht auf der Klemmwirkung im Gewinde   17     Losdrehsicherung
       durch Reibschluss. Muttern und Schrauben mit Klemmteil oder klemmender Beschichtung,   16
       gewindefurchende Schrauben, Rundumbeschichtungen, streifenförmige Beschichtungen   15
                                                                                14
       oder Fleckbeschichtungen finden als Verliersicherung in der Praxis Anwendung.  13
       Die Anforderungen an klemmende Beschichtungen bei Schrauben werden in DIN 267 28    12
                                                                                11
       festgelegt. Die Funktionseigenschaften für Muttern mit Klemmteil sind in ISO 2320 definiert.  10
       Unter Verliersicherungen versteht man Muttern und Schrauben mit Klemmteil oder   9 8
       klemmender Beschichtung sowie gewindefurchende Schrauben.               Vorspannkraft [kN]  7 6
       Losdrehsicherungen                                                        5 4                Verliersicherung
       Unter Losdrehsicherungen versteht man Elemente und Methoden, die verhindern, dass sich   3
       Schraubverbindungen trotz starker dynamischer Belastungen nicht selbst  tätig lösen und   2 1  unwirksame Sicherung
       die Vorspannkraft erhalten bleibt. In der Regel fällt die Vorspannkraft nicht unter 80 % der
       Montagevorspannkraft ab. Grundsätzlich eignen sich hierfür die folgenden Sicherungsmethoden:  0  100  200  300  400  500  600  700  800  900  1000
       ▶ Formschlüssige Losdrehsicherungen                                                   Lastwechsel
       ▶ Sicherung durch Erhöhung der Vorspannkraft
       ▶ Klebende Losdrehsicherungen

       Formschlüssige Losdrehsicherungen
       Bei formschlüssigen Losdrehsicherungen wird der Formschluss über Verriegelungszähne bzw. Sperrzähne oder  rippen an den Auflageflächen von
       Schraubenkopf oder Mutter erreicht. Auch der Einsatz von Scheiben mit Sperrzähnen oder  rippen ist möglich. Vor allem aber muss die Oberflächen-
       härte der Sperrzähne oder -rippen erheblich höher sein als die der zu verbindenden Bauteile, damit diese sich in die Oberfläche einarbeiten kön-
       nen. Zu berücksichtigen ist, dass Sperrzähne und -rippen die Reibwerte stark beeinflussen.
       So ist bei weichen Gegenwerkstoffen wie Alulegierungen und Baustählen, in die sich die Verzahnung einarbeitet, mit wesentlich höheren Reib-
       werten (μ ges  = 0,2–0,3) zu rechnen. Entsprechend sind die Anziehdrehmomente auszulegen, um die gewünschten Vorspannkräfte zu erreichen. Die
       optimalen Werte sind letztlich nur durch Anziehversuche unter realen Gegebenheiten zu ermitteln. Richtwerte für Anziehdrehmomente sind auf den
       TI-Seiten TI-247 abgebildet.
                                                                                        α   >β
       Sicherung durch Erhöhung der Vorspannkraft                                                  15
       Bei dieser Sicherungsmethode prägen sich beim Anziehen die außen liegenden Radialrippen   α
       der Keilsicherungsscheiben formschlüssig in die jeweilige Gegenauflage ein. Bei dyna-       10
       mischer Beanspruchung und dem damit verbundenen versuchten Losdrehen der Schraub-          Vorspannkraft [kN]
       verbindung ist nur noch eine Bewegung zwischen den innenliegenden Keilflächen möglich.  β
       Durch den höheren Keilwinkel der Scheiben im Vergleich zum Steigungswinkel des               5
       Schraubengewindes erhöht sich die Vorspannkraft in der Verbindung, was in den beiden
       folgenden Abbildungen gut erkennbar ist.                                                       0 10 20 30 40
                                                                                                       Losdrehwinkel [°]
       Klebende Losdrehsicherung
       Bei einer klebenden Losdrehsicherung werden Mikrokapseln mit einem Trägermaterial auf das Gewinde
       aufgebracht. Diese enthalten Kleber und Härter, die beim Verschrauben aufbrechen, sich vermischen und
       anschließend aushärten. In der Regel entsteht innerhalb von 24 Stunden eine gegen Vibrationen und Los-
       drehen gesicherte und gleichzeitig abdichtende Schraubverbindung. Der Klebstoff stellt einen Stoffschluss
       her, der ein Losdrehen ebenso verhindert wie die Sicherung durch Formschluss. DIN 267-27 beschreibt
       die klebende Sicherung mit einem mikroverkapselten Klebstoff. Mikroverkapselungen empfehlen sich
       bei großen Stückzahlen, da sie in einem speziellen Beschichtungsprozess auf das Gewinde aufgebracht
       werden. Beim Einsatz auf Zinklamellenüberzügen, Versiegelungen und/oder Beschichtungen mit Gleitmit-
       telzusätzen kann es zur Reduzierung der Losbrechmomente gegenüber DIN 267-27 kommen. In diesem
       Fall ist die Anwendung durch Versuche unter Einsatzbedingungen vor der serienmäßigen Verwendung
       abzusichern. Die Lagerbeständigkeit von mikroverkapselten Beschichtungen ist gemäß DIN 267-27 auf
       mindestens 4 Jahre ab Fertigung festgelegt. Für kleine Stückzahlen und den universellen Einsatz eignen sich anaerob härtende Flüssigklebstoffe. Sie
       werden bei der Montage auf das Gewinde aufgetragen und härten durch den Abschluss von Luftsauerstoff und Metallkontakt (Eisen- und Kupferi-
       onen) aus. Klebende Beschichtungen sind in ihrer Temperaturbeständigkeit begrenzt. Angaben hierzu auf TI-258.

       Montagehinweis für formschlüssige und vorspannkrafterhöhende
       Losdrehsicherungen
       Die Sicherung muss unter dem Schraubenkopf und unter der Mutter
       erfolgen, um ein Losdrehen zu verhindern. Die Darstellungen zeigen,
       welche Ausführungen möglich sind.
                                                          Einbaubeispiele
       Hinweis zum Einsatz von austenitischen nichtrostenden Stählen
       Austenitische Stähle der Stahlsorten A 1 bis A 5 haben keine federharten Eigenschaften. Deswegen können Sicherungselemente aus diesen Stahl-
       sorten keine Setzbeträge durch eine Federwirkung ausgleichen. Eine Alternative stellen die Stähle 1.4310 und 1.4568 dar.
       Diese haben gegenüber den Stahlsorten A 1 bis A 5 bedingt federharte Eigenschaften, die jedoch nicht die Anforderungen, die an Federstahl gestellt
       werden, erreichen. Deshalb können Sicherungselemente aus diesen beiden Stählen die federnden Eigenschaften von Produkten aus Stahl nur einge-
       schränkt erreichen.




       TI/2019.10/DE

                                                                                                            TI-257
   953   954   955   956   957   958   959   960   961   962   963